Geschichte von Oberglatt, Kanton Zürich in Fotos
Geschichte der Gemeinde Oberglatt und ElektrohofOberglattDie politische Gemeinde Oberglatt umfasst das beidseits der Glatt gelegene gleichnamige Dorf, den Dorfteil Hofstetten, eine ehemalige Zivilgemeinde, sowie den rechts der Glatt gelegenen Teil "Grafschaft". Funde aus der Steinzeit deuten auf eine sehr frühe Besiedlung hin. Das Dorf wird erstmals im Jahre 1153 erwähnt. Damals hatte das Kloster St. Martin auf dem Zürichberg Grundbesitz hier. Der Meierhof zu Oberglatt, mit dem die niederen Gerichte verbunden waren, gehörte ursprünglich den Freiherren von Tengen, die ihn 1268 an Hugo Manesse und seinen Sohn Rudolf verkauften. Im Jahre 1311 veräusserten Hugo und Johannes Manesse Rechte und Besitztum an die Propstei "zum Grossen Münster" (Grossmünsterstift) in Zürich. Damit gelangte diese in den Besitz der Vogtei über das Dorf. Erst im Jahre 1530 gingen die niederen Gerichte an den Rat von Zürich über. Die Propstei hatte 1469 auch den Widumhof zu Oberglatt erworben. Die hohen Gerichte lagen im Mittelalter bei den Grafen von Kyburg. Für das Gebiet von Oberglatt ergab sich beim Übergang der ehemals kyburgischen Territorien an Zürich insofern eine eigentümliche Teilung, als das links der Glatt gelegene eigentliche Dorf 1442 der Obervogtei Neuamt zugeteilt wurde, während man den rechts der Glatt gelegenen Teil von Hofstetten 1452 endgültig der Landvogtei Kyburg einverleibte. Bei dieser administrativen Zuteilung verblieb es bis zum Jahre 1798. Seit jener Zeit wurde das rechts der Glatt liegende Gebiet "Grafschaft" geheissen, eine Bezeichnung, die bis in die neue Zeit auf den Landkarten figuriert, jedoch nie der Name einer Örtlichkeit war, sondern nur daran erinnert, dass das ganze Gebiet einst zur Grafschaft und späteren Landvogtei Kyburg gehörte. Der Meierhof, wo das Gericht der Grundherrschaft abgehalten wurde, lag ebenfalls auf der rechten Seite der Glatt, desgleichen der Brühlhof, der ursprünglich einen Umfang von 60 Hektaren hatte und später in vier Teile geteilt wurde. Der Brugghof am linken Glattufer war im Mittelalter ein Erblehen des St.-Martin-Klosters auf dem Zürichberg. Verschiedene der einstigen alten Höfe wiesen mit ihren Namen auf die Grundherren hin, so das Wettingergut, der Oetenbacherhof, der Bläsigerhof; es hatten demnach eine Reihe von Klöstern Grundbesitz zu Oberglatt. In Hofstetten gehörte die Mühle im 14. Jahrhundert den Herren von Rümlang. Ein Hauptgeschlecht von Oberglatt sind die Maag, bereits im 14. Jahrhundert nachgewiesen. Eines der ältesten Geschlechter im Dorf sind ferner die Derrer, die bereits im frühen 15. Jahrhundert hier sesshaft waren. Die St.-Moritz-Kapelle zu Oberglatt wird 1370 als Filiale der Kirche Bülach genannt. Im Jahre 1484 stiftete der Kirchherr von Bülach, Stephan Meier, eine Pfründe. Die Kollatur (Pfarrwahlrecht) kam 1496, zusammen mit derjenigen der Kirche Bülach, an Zürich. Zur Zeit der Reformation, vermutlich um 1519, wurde Oberglatt zu einer selbständigen Pfarrei erhoben. An Stelle der 1658 abgebrochenen Kirche wurde die neue Kirche im gleichen Jahr eingeweiht. Die Ausscheidung des Kirchengutes aus demjenigen von Bülach fand erst im Jahre 1819 statt. In den Jahren 1962-1964 erfolgte der Bau der heutigen Kirche. Über die Glatt führen auf Gemeindegebiet drei Brücken. Noch heute beachtenswert ist die in den Jahren 1766/67 von Johannes Grubenmann von Teufen erstellte hölzerne gedeckte Brücke. Im Jahre 1950 wurde die Brücke nach Rümlang versetzt, wo sie heute noch steht und benützt wird. Das schöne Holzmodell dieser Brücke wird alljährlich von der Zunft zur Zimmerleuten am Zürcher Sechseläuten-Umzug mitgeführt. Die letzte Oberglatter Holzbrücke beim Furtacherhuus wurde im Jahr 1826 erstellt. Das grosse Hochwasser vom Juni 1876 setzte ihr derart zu, dass sie 1881 abgebrochen werden musste. Der Kanton errichtete für 20'000 Franken eine Stahlbrücke. 1979–80 wurde diese durch eine Betonbrücke ersetzt, deren Kosten sich auf 1 Million Franken beliefen (OBERLI 1980: 108). 1994 wurde die jetzige Holzbrücke beim Rest. Hirschen feierlich eingeweiht. Die Kosten beliefen sich auf rund 1 Mio. Franken. Oberglatt erlebte 1670 ein schweres Brandunglück, das zwölf Häuser zerstörte. 1825 wurden fünfzehn Häuser eingeäschert. In den letzten Jahrzehnten entfaltete sich in der Gemeinde eine rege Bautätigkeit. Unter anderem entstand ein eigentliches Bahnhofquartier. Oberglatt erhielt im Jahre 1877 den Anschluss an die Eisenbahnlinie Zürich-Bülach und ist auch Ausgangspunkt der Bahnlinie nach Dielsdorf und ins Wehntal. Der Ort ist längst kein vorwiegendes Bauerndorf mehr, denn zahlreiche Gemeindebewohner üben ihre berufliche Tätigkeit auswärts aus. Überdies sind in der Gemeinde eine stattliche Anzahl Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe ansässig. ElektrohofIm Süden der Gemeinde, hart an der Grenze zu Niederhasli, steht im Gebiet zwischen der “Allmänd“ und der Glatt eine bäuerliche Gebäudegruppe: der “Elektrohof“ im Tiergarten. Die Gebäudegruppe, ein Bauernhaus mit Nebengebäuden, hat eine besondere Geschichte. 1925 errichtete die Schweizerische Vereinigung für Innenkolonisation und industrielle Landwirtschaft (SVIL) im damaligen Meliorationsgebiet ein Wohnhaus in Fachwerkbauweise; dazu gehören gewölbte Kellerräume, eine Scheune, Stall und Walmen sowie ein Schopfanbau. Der Versicherungswert betrug 44'000 Franken. 1927 kam ein Ökonomiegebäude dazu. 1933, nach einem schweren Brandschaden, wurden die Gebäude wiederhergestellt, eine Zentralheizung wurde eingebaut und ein Wagenschopf errichtet. Die Verwendung von Elektrizität in der Landwirtschaft war in den 1920er-Jahren noch keine Selbstverständlichkeit. Die neue Anlage sollte als Demonstrationshof dienen und den Bauern modernere Methoden näherbringen, insbesondere zeigen, wie elektrische Energie in Haus und Stall nutzbringend anzuwenden war. Dazu wurde von den Initiatoren die Zusammenarbeit mit den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich gesucht: Ein Vertrag sicherte einen jährlichen finanziellen Beitrag der EWZ von 10'000 Franken zu. Der Hof diente in den 1930er-Jahren auch als Ausbildungszentrum für Traktorführerkurse und beherbergte in der Wirtschaftskrise ein Arbeitslager zur Umschulung von Metallarbeitern für die Landwirtschaft. Wer waren die Promotoren dieses Demonstrationshofs, dieses Kampagnenbetriebs für eine moderne Landwirtschaft? Die Vereinigung für Innenkolonisation und Landwirtschaft wurde am 15. Juli 1918 in Zürich vom späteren Zürcher Ständeart Hans Bernhard (1888-1942) gegründet, der 1928 auch Professor der Agrikultur an der ETH Zürich wurde. Das primäre Ziel war es zunächst, die durch Industrialisierung und internationale Arbeitsteilung stärker werdende Verstädterung beziehungsweise Landflucht aufzuhalten und damit durch ausgleichende Massnahmen einen Beitrag zum sozialen Frieden zu leisten. Kernpunkt der Überlegungen war die Modernisierung der Landwirtschaft, die nicht nur durch die Einführung neuer Energieformen, sondern generell durch organisatorische und soziale Verbesserungen bewirkt werden sollte. Bernhard wurde erster Geschäftsführer der SVIL. Unter seiner Leitung entwickelte sich die Vereinigung zu einer quasistaatlichen Landwirtschaftsplanungsstelle, die insbesondere dem industrialisierungsbedingten Rückgang der landwirtschaftlichen Selbstversorgung der Schweiz den Kampf ansagte. Bernhard wollte dieses Ziel mit einer radikalen Intensivierung der Landwirtschaft, einer “Steigerung der Innenkolonisation“, erreichen - dies jedoch nicht gegen, sondern in Zusammenarbeit mit Industrie und Energiewirtschaft. In den 1920er-Jahren engagierte sich Bernhard auch für die Wiederansiedlung von Schwyzer Bauern, deren Land im neuen Sihlsee untergegangen war. Als Ständerat widmete er sich bis zu seinem frühen Tod den Vorbereitungen der so genannten Anbauschlacht, als deren Vordenker er zu betrachten ist. Die SVIL ist heute tätig als Vereinigung, die sich auf nationaler Ebene vor allem für eine aktive Raumplanungspolitik einsetzt; der "Elektrohof“ hingegen gehört inzwischen Privatleuten ohne Bezug zum SVIL. Sebastian Brändli Quelle: oberglatt.ch |
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